Spätestens nach dem Dreifach-Sieg bei der VLN gehört auch der jüngste GT3 aus dem Hause BMW zum Kreis der engen Siegkandidaten: Der BMW M6 GT3 tritt die Nachfolge des BMW Z4 GT3 an. Er wurde von Grund auf neu entwickelt. Werkspilot Jens Klingmann war von Anfang an in die Entwicklung des neuen Supersport¬wagens eingebunden. Im Interview erzählt er von den ersten Testfahrten, den Neuerungen und auch von den Schwierigkeiten, als Profirennfahrer auch an die Kunden zu denken.
???: Wie fährt sich der neue BMW M6 auf der Nordschleife?
Jens Klingmann: „Unser Auto ist im Feld im Vergleich zu unseren direkten Konkurrenten das jüngste. Deshalb haben wir noch mehr Aufgaben zu bewältigen. Als ich beim ersten VLN-Lauf 2016 den ersten Einsatz absolviert habe, war ich positiv überrascht. Wir hatten nur einen Nordschleifentest im vergangenen Jahr: ein halber Tag im Regen und der Test hat sich auch noch relativ schwierig dargestellt. Im Vergleich zum Z4 ist der M6 ein bisschen größer. Darauf muss man sich einstellen, vor allem im Rennbetrieb. Im Rennen kann man sich nicht in jede kleine Lücke hineinquetschen. Wir haben immer noch kleine Baustellen, die sich aufsummieren. So arbeiten wir derzeit zum Beispiel noch an der Traktionskontrolle. Aber grundsätzlich sind wir auf einem guten Weg.“
???: Was sind für dich die größten Weiterentwicklungen am M6?
Jens Klingmann: „Es ist eigentlich alles neu. Deswegen hat die Entwicklung auch so lange gedauert und brachte viel Arbeit mit sich. Wir konnten aus dem Z4 quasi nichts übernehmen – mechanisch sowie elektronisch ist alles neu. Der Motor ist beispielsweise viel besser. Der Z4 war in dem Bereich einfach am Limit und beim Topspeed waren wir nicht die Schnellsten. Mit dem V8-Biturbo haben wir jetzt Potenzial nach oben, je nach Balance of Performance. Auch das Drehmoment ist viel besser. Generell ist es aber schwer, einzelne Punkte herauszuheben. Wir haben in allen Bereichen einen Schritt nach vorne gemacht. Das ABS ist etwa ebenfalls neu und deutlich besser, das gilt auch für die Traktionskontrolle. Wir haben im M6 insgesamt auch viel mehr Einstellmöglichkeiten.“
???: Denkst du, dass bis zum 24h-Rennen alles aussortiert ist – oder plant ihr eher schon für die Saison 2017?
Jens Klingmann: „Ich glaube, wir sind bis zum 24h-Rennen einen großen Schritt weiter. Vielleicht noch nicht so weit, wie wir im kommenden Jahr sein werden. Aber wir müssten auf jeden Fall konkurrenzfähig sein. Das sind wir ja auch jetzt schon. Wir wollen auch 2016 gewinnen und richten den Blick nicht nur auf 2017.“
???: Du warst von Beginn an in die Testarbeit eingebunden. Wie war der Ablauf der Entwicklung des M6?
Jens Klingmann: „Am Anfang gab es nur das Auto. Es gab noch kein ABS, keine Traktionskontrolle und es war ein anderes Kühlpaket verbaut. Es ging nur darum, Daten zu sammeln. Ich saß in München im allerersten Prototypen – damals nur auf einen Holzsitz. Wir klärten grundsätzliche Dinge, wie »wie hoch muss das Lenkrad sein?« oder »wo müssen die Knöpfe hin« und »was sind überhaupt die wichtigsten Köpfe?«. Mit solchen Fragen fängt alles an. Später geht es auf die Rennstrecke, und man ist froh, mal fünf Runden am Stück zu fahren. Es ist schön zu beobachten, wie sich das Auto weiterentwickelt. Im Januar hast du noch Wünsche geäußert, die im Februar, März umgesetzt sind. Das fing mit den groben Sachen, wie der Balance und dem Fahrwerk, an. Danach haben wir verschiedene Systeme durchprobiert, um Referenzwerte zu gewinnen. Rundenzeiten waren zweitrangig, wir wollten einfach sehen, was man so machen kann. Dann ging es immer mehr ins Detail. Anfangs gab es noch Kühlprobleme und der Motor lief heiß. Aber es gab ein großes Update – und alles war wieder gut. Wenn man ein ganz neues Auto hat, dann kann man all die Details, die einen in den vergangenen Jahren gestört haben, ändern. So fand ich im Z4 die Gurte immer unbequem, die haben mir persönlich nie richtig gepasst. Dann denkt man sich : »So, in den M6 müssen ordentliche Gurte rein.« Das sind Kleinigkeiten, die es aber auch ausmachen.“
???: Wenn man als Profirennfahrer einen neuen GT3-Sportwagen entwickelt, denkt man für den Kunden mit?
Jens Klingmann: „Über diesen Punkt haben wir viel nachgedacht. Man kann nicht immer alles radikal umsetzen, da ein Kunde vielleicht später überfordert ist. Daran muss man von der ersten Sekunde denken. Ein Beispiel sind die Schalter: Für uns Profis ist es kein Problem, pro Runde drei Mal daran zu drehen. Aber ein Kunde aus dem Privatfahrer-Lager könnte damit möglicherweise überfordert sein. Als Werksfahrer muss man dann auch mal sagen: »Okay, ich hätte es eigentlich gerne so, aber der Kunde kommt damit wohl nicht so gut klar.« Man kommt an den Punkt, da sind Bereiche sehr komplex oder das Auto ist vom Komfort her nicht so gut zu fahren, aber einfach schneller. In so einem Fall muss man einen Kompromiss finden.”
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